datalink.LS
Die Datenbrücke über der Ostsee

In Zeiten der Hanse war der Ostseeraum als gemeinsamer Markt den Anrainern oft wichtiger, als nationale Interessen. Das Handelszentrum jener Tage hiess Lübeck und hier in Lübeck begann folgerichtig ein Projekt, daß wiederum die Ostseeregion als Wirtschaftsraum näher zusammenbringen möchte. Doch nicht mehr mittels Koggen und Pferdewagen, sondern dank moderner Datenautobahnen. datalink. LS heißt das Projekt, daß eine elektronische Verbindung zunächst zwischen Südschweden und Norddeutschland herstellen sollte. Initiiert wurde das Projekt von der Hansestadt Lübeck zusammen mit der schleswig-holsteinischen Landesregierung und auf schwedischer Seite von der Regierung der südschwedischen Provinz Schonen und der Gemeinde Skurup (bei Malmö). Ziel ist eine regionale Wirtschaftsförderung via Internet. Dabei soll vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen Chancen und Möglichkeiten aufgezeigt werden, die sich ihnen im Ostseeraum ergeben. Der Grundgedanke ist dabei denkbar einfach. Ein Unternehmer, der sein Produkt im Ausland vertreiben will, braucht vor Ort jemand der seine Interessen wahr nimmt. Bisher bedeutete das, eine Filiale zu gründen. Eine kostspielige und nicht leichte Aufgabe, deren Erfolgsaussichten zudem noch ungewiß sind. Statt dessen kann sich der Unternehmer nun an datalink. LS wenden. In einer ersten Phase stellt datalink dem Unternehmen im Internet Daten über den anversierten Markt zur Verfügung, so zum Beispiel Statistiken, Kontaktadressen oder Branchenreports. Diese Informationen kann das Unternehmen kostenlos abfragen und dann an Hand einer Checklist im Internet, überprüfen, ob es für das Unternehmen überhaupt sinnvoll ist, auf einen Exportmarkt zu gehen. Kommt das Unternehmen zu dem Schluß, das sich der Export lohnen könnte, dann tritt in einer zweiten Phase, die individuelle Betreuung durch datalink ein. Das bedeutet, das datalink. LS Kontakte herstellt, Übersetzungen liefert oder Workshops organisiert. Vor allem aber, das das Unternehmen über datalink ein Repräsentanzbüro im ausländischen Markt errichtet. Damit verbunden ist, daß beispielsweise ein deutsches Unternehmen in Schweden eine Adresse, eine e-mail-Adresse, eine Faxnummer usw. bekommt. Dazu kommen noch zwölf Stunden Arbeit eines Marketing-Mitarbeiters im Monat für Verkauf und Vertrieb. datalink beschränkt sich jedoch nicht auf die reine Wirtschaftsförderung. "Von Anfang an haben wir versucht, auf beiden Seiten möglichst viele Akteure einzubeziehen", so Projektleiter Björn Jacobsen. So arbeitet datalink eng mit den Fachbereichen technische Informatik und Wirtschaftsingenieurswesen der Fachhochschule Lübeck zusammen. Ein Nebeneffekt dieser Zusammenarbeit ist ein gemeinsamer Studiengang der FH Lübeck und der Universität Lund (Schweden) im Bereich internationales Verkehrswesen und Logistik. Ein anderer Nebeneffekt ist die Vermittlung von Praktikanten der FH Lübeck und der Universität Lund nach Südschweden bzw. Lübeck. Inzwischen ist das Projekt von der Wirtschaft gut angenommen wurden. Rund 200 Unternehmen wickeln ihre konkreten Firmenprojekte über datalink ab. Dementsprechend wurde das Projekt ausgeweitet. Neben den beiden Büros in Skurup und Lübeck gibt es seit Ende 1997 auch ein Büro in Kotka (Finnland) und Kontaktpunkte in Rußland, Litauen, Polen und Dänemark. Die Eröffnung des Büros in Kotka war dabei von doppelten Interesse. "Zum einen ist es der finnische Markt, der uns interessiert", betont Björn Jacobsen, "Lübeck ist der größte Exporthafen für Finnland und die traditionelle Verbindung nach Zentral- und Südeuropa." Der andere Grund für die Eröffnung in Kotka ist die Nähe zur Region St. Petersburg., in die man von Kotka aus hineinwirken will. Wird das Projekt im Ganzen gut angenommen, so fällt es dennoch auf, daß deutsche Unternehmen sich schwer tun, mit den neuen Daten-Wegen. So kommen auf zehn schwedische Firmen, eine deutsche. Ein Grund dafür ist, daß der schwedische Markt für deutsche Firmen im wesentlichen bereits verstellt ist. Für die Schweden hingegen ist mit dem Beitritt zur EU ein bis dahin verstellter Markt geöffnet worden. Deutschland ist dabei für schwedische Unternehmen auf Grund des großen Käufermarktes, des günstigen Wechselkurses und der niedrigeren Arbeitslöhne in Schweden besonders interessant. Ein anderer Erklärungsansatz für das Ungleichgewicht ist die höhere Technologieaufgeschlossenheit in Schweden. So ist es in Schweden vollkommen normal, wenn jemand mit einem Handy herumläuft, während man in Deutschland immer noch belächelt wird. Ebenso diskutiert in Schweden niemand darüber, daß man einen Internetanschluß hat. "Das ist nicht irgendwie hip, sondern das ist einfach so", gibt auch Björn Jacobsen so bedenken. Internet und e-mail gelten in Schweden wie in Finnland schlicht als neue Medien, die nicht diskutiert, sondern genutzt werden. Dennoch werden auch deutsche Firmen in Zukunft vermehrt auf den alten Hanserouten ihre Geschäfte betreiben, da mit Rußland und dem Baltikum ein zukunftsträchtiger Absatzmarkt erschlossen wird.

aus fOLIUM 1/98