Bauingenieurwesen muss in Lübeck bleiben!

Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur hat im Juli letzten Jahres beschlossen, den Studiengang Bauingenieurwesen an der FH Lübeck zum 1. März 2002 aufzuheben und nach Eckernförde zu verlagern. Dank der aufschiebenden Wirkung der Klage der FH gegen diesen Beschluß konnten zu Beginn dieses Monats noch einmal Studierende ihr Bauingenieurstudium an der FH Lübeck aufnehmen. Die Landesregierung plant einen Ringtausch von FH-Studiengängen. Dabei soll die Muthesius-Hochschule für Kunst und Gestaltung in Kiel den Studiengang Architektur von der FH Eckernförde erhalten und so zur Kunstfachhochschule aufgewertet werden. Eckernförde soll als Ausgleich Zentrum der Bauingenieurausbildung im Lande werden, d.h. der Studiengang wird in Lübeck auslaufen und dann nur noch in Eckernförde angeboten. Die FH Lübeck soll angeblich mit einigen Betriebswirten entschädigt werden. Das ganze erinnert einen irgendwie an die Kinderspiele aller "Reise nach Jerusalem"....

Warum aber das ganze Chaos? Die vor einigen Jahren aus der FH Kiel ausgegliederte Muthesius-Hochschule (MuHS) klagt über Raumnot. Ihr Umzug in das leerstehende ehemalige Gebäude der FH Kiel käme da gelegen. Doch steht dem das Hochschulbauförderungsgesetz entgegen, wonach in das Gebäude nur Hochschulen einziehen können, die in der Anlage zu dem Gesetz aufgeführt sind. Das ist die MuHS nicht und es ist mehr als wahrscheinlich, dass sie aufgrund ihrer FH-unüblichen Strukturen auch nicht in die Anlage aufgenommen würde. So hat die Landesregierung ein Hätschelkind mit Raumnot und ihr droht auch noch die Rückforderung von Bundesmitteln für das leere alte FH-Gebäude. Doch nicht dumm kommt ihnen die Idee die MuHS aufzupebbeln.

Diese ganze Chaos nennt sich auch noch "Entwicklungskonzept", doch hat es mit vernünftiger Hochschulstrukturentwicklung absolut gar nichts zu tun. Im Rahmen der Strukturreform der Hochschulen hat die Arbeitsgruppe Bauwesen an Fachhochschulen unter Mitwirkung des Bildungsministeriums vier Modelle zur Neuordnung der Ausbildung im Bauwesen an Fachhochschulen entwickelt. Diese Arbeitsgruppe hat das jetzt vorgelegte Modell "Ringtausch" ausdrücklich abgelehnt. Bei dem Modell würden die Nachteile trotz der etwas höheren Einsparmöglichkeit so gravierend überwiegen, daß die Umsetzung für eine sinnvolle Weiterentwicklung der Ausbildung im Bauwesen keine Vorteile brächte. Als nachteilig sah es die Arbeitsgruppe insb. an, dass im Raum Lübeck die Bauwirtschaft schon in wenigen Jahren über mangelnden Nachwuchs an Bauingenieuren klagen werde. Zahlreiche und gut erreichbare Praktikumsmöglichkeiten könnten für die Studierenden nicht mehr genutzt werden. Das bundesweit beachtete "Lübecker Modell" in dem Architekten und Bauingenieure auf besonders enge Weise zusammen studieren würde zerstört werden. Eine gemeinsame Ausbildung von Studierenden beider Fachrichtungen fände somit an keinem Standort in Schleswig-Holstein mehr statt. Die Zahl der Studienplätze für das Fach Bauingenieurwesen würde zudem von jetzt insgesamt circa 120 auf 90 reduziert werden.

Nach einer Umfrage unter den Studierenden der FH Lübeck würden etwa 90 % den Studienort Eckernförde nicht akzeptieren; sondern wahlweise Wismar oder Hamburg vorziehen. Dies würde eine Abwanderung der Studierenden in benachbarte Bundesländer bedeuten, folglich eine weitere Schwächung für den Bildungsstandort Schleswig-Holstein. Dabei ist Schleswig-Holstein im Vergleich mit anderen Bundesländern mit einem Minus von fast 32 % ohnehin schon Spitzenreiter im Export seines akademischen Nachwuchses. Dieser Bildungsraubbau in unserem Lande muss ein Ende haben und der Anfang vom Ende sollte in Lübeck gemacht werden.

aus FDP intern März 2002